Laut den aktuellen Fußballregeln des DFB hat der vierte Offizielle die folgenden Aufgaben:
„Der vierte Offizielle hilft auch,
• den Auswechselvorgang zu beaufsichtigen,
• die Ausrüstung eines Spieler oder Auswechselspielers zu kontrollieren,
• beim Wiederbetreten des Spielfelds durch einen Spieler nach dem Zeichen/
einer Erlaubnis des Schiedsrichters,
• die Ersatzbälle zu beaufsichtigen,
• die Mindestnachspielzeit anzuzeigen, die der Schiedsrichter am Ende einer
Halbzeit (einschließlich der Verlängerung) spielen lassen möchte, und
• den Schiedsrichter über unverantwortliches Verhalten einer Person in der
technischen Zone zu informieren.“
Doch wer sich im Fernsehen einmal die Spiele der ersten bis dritten Liga anschaut stellt schnell fest, dass in den letzten Jahren offenbar klammheimlich eine neue Aufgabe für den vierten Offiziellen dazu gekommen ist. Er fungiert immer häufiger als Blitzableiter für Ersatzspieler, Trainer und Mannschaftsverantwortliche, wenn diese nicht mit den Entscheidungen des Schiedsrichter einverstanden sind.
Doch diese klammheimliche Ausdehnung der Aufgaben hat mittlerweile dazu geführt, dass der vierte Offizielle scheinbar mehr Talkmaster als wirklicher Offizieller ist. Dieses Verhalten sendet jedoch ein absolut fatales Signal an alle Spieler und Zuschauer aus. Denn das Statement dahinter kann nur lauten, bin ich mit einer Entscheidung nicht zufrieden, dann kann ich dieses jederzeit dem vierten Offiziellen kundtun. Doch was passiert, wenn es keinen vierten Offiziellen gibt?
Kreisliga A in einem beliebigen Fußballkreis, an einem beliebigen sonntag Nachmittag. Ein Spieler fällt kurz vor dem Strafraum offensichtlich über die eingenen Füße. Eigentlich kein Grund für den Schiedsrichter besonders reagieren zu müssen. Doch rasch bildet sich eine Spielertraube um den jungen Schiedsrichter. Die einen fordern einen Freistoß und eine rote Karte, die anderen eine gelbe Karte wegen Schwalbe.
Der Assistent draußen, der in dieser Situation eigentlich voll Aufmerksamkeit auf die Situation haben muss, ist allerdings von den Trainern beider Mannschaften abgelenkt, weil diese ebenfalls der Meinung sind, dass der junge Mann da an der Seitenlinie ihr direkter Ansprechpartner ist. Wenn es schon keinen vierten Offiziellen gibt, dann wird doch wenigstens der Assistent weiterhelfen können.
Diese Situation endet letztendlich zwar friedlich, ohne Karten und doch zeigt sie exemplarisch, welche Auswirkungen die falsche Unterstützung durch den vierten Offiziellen in den oberen Ligen nach unten ausstrahlt. Selbst nach dem Spiel, als sich alles wieder beruhigt hat beharren beide Trainer darauf, dass der Assistent ihr Ansprechpartner ist, wenn schon kein vierter Offizieller anwesend ist. Der regelmäßige Verweis darauf, dass dies weder in der Bundesliga noch hier die Aufgabe der Assisten ist, wird lapidar gekontert mit den Worten, „der Herrlich und der Hasenhüttl waren doch gestern bei einer ähnlichen Situation auch beim vierten Offiziellen!“ Tolle Vorbilder hat man da oben, viel mehr bleibt dem Schiedsrichter-Team kaum übrig, es wird ja aktiv so vorgelebt.
Mit diesem Beispiel zeigt sich nur ein Problem dessen, was im Profifußball negativ vorgelebt wird und dann in die unteren Ligen durchsickert, als scheinbare „Normalität“ und als „akzeptiertes Verhalten“.
Zusätzlich dazu halten wir es auch für falsch, dass in den oberen Ligen immer mehr Schiedsrichter für ein Spiel gebunden werden, während in den unteren Ligen kaum noch genug Schiedsrichter für einen regulären Spielbetrieb vorhanden sind. Die Rolle des vierten Offiziellen abzuschaffen würde keine wirkliche Lücke reissen, sondern ein klares Statement in Richtung der Trainer und Mannschaftsverantwortlichen senden. Behaltet Eure Meinungen für die Interviews nach dem Spiel. In allen anderen Ligen reichen auch 3 Schiedsrichter und häufig sogar ein Einzelner vollkommen aus.
Wie anspruchslos die Rolle als vierter Offizieller im Übrigen ist, zeigt ein Beispiel aus der zweiten englischen Liga. Gerade noch Fan und als nächstes vierter Offizieller. Und das obwohl er nur Amateurschiedsrichter ist.
Vielleicht könnte man das auch eher als Auszeichnung für die Spieler von der Basis nehmen. Einmal vierter Offizieller in der Bundesliga sein, dass wäre sicherlich ein besserer Ausdruck von Dankbarkeit als billige Medaillen und lauwarme Worte, zum Beispiel für gemeinsames FairPlay zwischen Amateuren und den Profis.
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