Bericht von der Präsidenten- /Abteilungsleitersitzung des KFV Wittenberg vom 20.02.2020.
Vielleicht kurz zur Vorgeschichte für alle, die das Thema nicht so wirklich verfolgen bzw. verfolgt haben.
Der KFV Dessau, zugehörig zum Verband Sachsen Anhalt hat beschlossen, sich zum 30.06.2020 aufzulösen und wird mit dem KFV Bitterfeld fusionieren – so zu mindestens die Aussagen im gestrigen Termin. Eine öffentliche Kommunikation zu dieser Tatsache ist bisher nicht auffindbar.
Laut der Einladung des KFV Wittenberg sollte gestern mit Punkt 4 der Tagesordnung (1) eine Vorstellung der Konzeption zur Verschmelzung der Kreise KFV Wittenberg, KFV Dessau und KFV Bitterfeld dargestellt werden.
Ein wirkliches Konzept hierfür ist allerdings noch gar nicht fertig, sodass also der Punkt, nett formuliert mehr als missverständlich ist. Das die Vereine darauf basierend natürlich online bereits über die Folgen und Nachteile diskutieren, erscheint mir daher mehr als logisch. Immerhin muss man aufgrund der Pressemitteilung des FSA (2) bereits davon ausgehen, dass alles bereits beschlossen ist. Das sich gegen diese Vorgehensweise Unmut regt, absolut nachvollziehbar.
Fakten aus dem gestrigen Termin
– Jeder Kreis hat eine eigene Kreisoberliga (also 3 mit 2×15 einmal 13 Team)
– Alle 3 Kreise zusammen verfügen aktuell über 4 Kreisligen.
– 105 Teams Senioren-Teams in allen Kreisen zusammen, Tendenz fallend
– knapp 10 A-Jugend Teams, welche ja später in den Senioren-Bereich aufrücken könnten
– knapp 12 B-Jugend Teams, welche erst in die A, später in die B-Jugend aufrücken könnten
Positiv ist es aus meiner Sicht, dass überhaupt mit den Vereinen gesprochen wird. Mehr als unglücklich finde ich jedoch die Formulierung, dass in allen Kommunikationen bereits von einer Verschmelzung der 3 Kreise gesprochen wird. Dies muss zwangsläufig die Frage aufwerfen, ob hier nicht eigentlich schon ein Beschluss zur Verschmelzung im Raum steht und nur die Frage des Wie und Wann noch offen steht. Mitbestimmung sieht aus meiner Sicht anders aus. Dieser Eindruck wird vor allem durch die Satzung des FSA (3) verstärkt (§ 6 Gliederung des FSA), denn nach dieser entscheidet ausschließlich der FSA Vorstand über die territoriale Einteilung der Kreise. Ein Mitsprachrecht der Vereine ist hierbei explizit nicht vorgesehen. Eine wirkliche schriftliche Bestätigung, dass nichts ohne die Zustimmung der Vereine geschieht, fehlt offenbar – das Prinzip lautet hier also einfach nur Hoffnung.
Mehr als Unglücklich erscheint es dann ebenfalls, wenn im Rahmen der Vorstellung bereits von nur noch einer Kreisoberliga nach dem Zusammenschluss gesprochen wird. Dies lässt nicht unbedingt den Schluss zu, dass man wirklich für alle Optionen und Lösungen offen ist. Das dies so vom Großteil der Anwesenden so verstanden wurde wird bereits dadurch ersichtlich, dass sich sofort eine Diskussion um die Folgen von nur einer KOL aus 3 Kreisen anschloss. Diese konnte später nur dadurch unterbrochen werden, dass man die durchaus mutige Aussage traf, dass dies „Falsch verstanden worden sein muss“, weil man derzeit ja noch gar nicht genau wisse, wie das Zielkonstrukt aussehen könnte. Dies soll ja erst in den nun zu etablierenden Arbeitsgruppen erarbeitet werden.
Kommunikation ist immer das was ankommt.
Das vor allem die Diskussion über höhere Fahrtwege, -zeiten und -kosten, welche sich ggf. durch eine Kreisfusion ergeben könnten und in der Folge zu weiteren Fluktuationen von Mannschaften und Spielern führt mit dem Gegenargument entkräftet werden sollen, dass die Jugend und die Frauen ja bereits deutlich weiter fahren, halte ich indes für mehr als fragwürdig. Immerhin sind die Jugend-Mannschaften im A- und B-Jugend-Bereich sowie die Frauen-Teams ja bereits das beste Beispiel dafür, dass eine Zusammenlegung die Reduzierung der Mannschaften nicht beendet.
Was im Wesentlichen für eine qualifizierte Diskussion fehlt sind harte Fakten und der Elefant im Raum, den niemand im Raum zur Diskussion stellt. Warum erreicht der Amateurfußball die Menschen nicht mehr und warum sind immer weniger Menschen gewillt organisiert Fußball zu spielen? Offensichtlich geht die heutige Organisation des Amateur-Fußballs an den Menschen auf den Kreisebenen vorbei.
Das Argument der Demographie, also der abnehmenden Anzahl der potentiellen Interessenten, in den Altersklassen 16 – 19, 19 – 25 und 25-55, fällt spätestens beim Blick in die Zahlen des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt (4) und deren Prognose bis 2030 für die 3 Betroffenen in sich zusammen. Aus den vorliegenden Zahlen kann festgehalten werden, dass die Anzahl der männlichen und weiblichen Bewohner aller 3 Kreise den Prognosen nach bis 2030 fast durchgehend stabil bleibt.
Für mich wirkt es daher unglaubwürdig, wenn man zwar kommuniziert, dass man gerne agieren, statt reagieren möchte, allerdings ist die Fusion von KFVs nur eine Reaktion – eine Reaktion auf die abnehmende Anzahl an Mannschaften. Das dann bereits angedeutet wird, dass weitere Mannschaften und Vereine auf der Kippe stehen bestätigt diese Wahrnehmung.
Die Diskussion ist eine Symptom- aber keine Ursachendiskussion und löst kein wirkliches Problem
Die Diskussion um die Organisation des Fußballs, sodass sich wieder mehr Menschen in den Vereinen beteiligen und aktiv spielen, unterbleibt aller Orten. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig, ohne Frage. Gegen einige externe Einflüsse, also zum Beispiel neue Arbeitszeitmodelle, bei denen Wochenendarbeit eher Standard als die Ausnahme ist, wird man wenig tun können.
Es gibt jedoch auch Gründe, an denen man tatsächlich arbeiten kann. Marode Infrastrukturen, überkommene administrative Tätigkeiten, sinnbefreite Regelungen in Satzungen und Ordnungen, welche kaum noch jemand überblickt und in der Folge zu vollkommen zeitraubenden und sinnlosen Sportgerichtsverfahren und damit zu nicht unerheblichen Kosten führen. Fehlende und ansprechende Medienkonzepte für Vereine und Mannschaften, zu hohe Kosten durch die Organisationen, welche eigentlich aktuell nur den Fußball verwalten anstelle diesen wirklich zu gestalten, was in der Konsequenz zu fehlenden Mitteln an den Stellen führt, die eigentlich die Hauptarbeit für unseren Sport erledigen – die Vereine.
Dem Fußball sind, wie allen Hobbies in den letzten Jahren neue Konkurrenten um die Freizeitgestaltung erwachsen, auch das ist vollkommen unstrittig. Doch alle diese neuen Freizeitangebote haben sich auch etabliert, weil sie sich aktiv auf ihre Zielgruppe ausgerichtet haben.
Was der Fußball also braucht ist eine Grundsatzdiskussion und den Willen sich effektiv umzugestalten. Weg von den Interessen der Verbände, hin zu den Interessen derjenigen, für die das ganze funktionieren soll – Spieler, Schiedsrichter, Trainer und Vereine. Die Frage, wofür es die Verbände in der heutigen Form eigentlich noch wirklich braucht, kann heute kaum jemand beantworten. Zu eingefahren sind die Strukturen und zu schwer ist das Eingeständnis, dass der Fußball heute irgendwie läuft, häufig aber eher durch den hohen Einsatz der Menschen in den Vereinen, nicht durch die wirkliche Unterstützung der bisherigen Verbände.
Was es aus unserer Sicht dazu braucht ist eine radikale Abkehr von der Verwaltungsmentalität hinzu einer Serviceorientierung, also die Beantwortung der Frage: Was kann ein Verband im Sinne aller Vereine leisten, wozu jeder einzelne Verein allein kaum die Möglichkeiten, das Know-How oder das Netzwerk hat.
Genau aus diesem Blickfeld agieren wir als CoF – das es klare und einfache Regeln braucht – unbestritten – doch dies kann nur ein kleiner Teil der eigentlichen Verbandsarbeit ausmachen.
Ansonsten wird sich der Amateurfußball in den nächsten Jahren weiterhin nur mit dem Bedauern über die Abwanderung weiterer Spieler und Vereine beschäftigen und die Zusammenlegung von Spielklassen wird dieses Problem, wie an dem Beispiel KFV Wittenberg, Dessau und Bitterfeld zu sehen ist, nicht lösen.
PS: Das man die einzige regionale Zeitung als „Totengräber des Amteurfußballs“ anprangert und diese aus fadenscheinigen Gründen auslädt, führt aus meiner Sicht nicht unbedingt dazu, dass man medientechnisch sichtbarer und als aufgeschlossene Organisation wahrgenommen wird.
Alle Eindrücke und Wahrnehmungen sind durch René Jacobi, der selbst vor Ort gewesen ist aufgenommmen.
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